CO2-Preis-Akzeptanz und Klimaschutzmotivation: Wie viel möchten wir für Klimaschutz zahlen?
Autor*innen: Ronja Gerdes & Emily Bauske, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Wenn Bürger*innen das Klima schützen möchten, müssen sie auf die eine oder andere Art tätig werden. Bürger*innen können ihr individuelles Verhalten ändern, indem sie zum Beispiel mit dem Fahrrad oder mit der Bahn zur Arbeit fahren oder auf Fleisch verzichten. Zugleich können Bürger*innen aber auch von der Politik wirksame Klimaschutzmaßnahmen fordern oder wirksame Klimaschutzmaßnahmen akzeptieren, wenn diese von der Politik eingeführt werden.
Eine solche Klimaschutzmaßnahme ist der im Januar 2021 eingeführte CO2-Preis. Die Akzeptanz der Bevölkerung ist dabei eine wichtige Voraussetzung für die Wirksamkeit des CO2-Preises. Denn nur wenn Akzeptanz vorhanden ist, sind Politiker*innen gewillt, einen wirksamen CO2-Preis einzuführen. Und nur wenn Bürger*innen bereit sind, auch ihr Verhalten (bspw. beim Pendeln) dem CO2-Preis anzupassen, wird der Preis seine volle Wirkung entfalten.
Zu sagen, dass man einen CO2-Preis akzeptiert, ist nach diesem Verständnis ein Klimaschutzverhalten: Eine Person akzeptiert einen CO2-Preis, weil sie die Umwelt und das Klima schützen möchte. Personen, denen Klimaschutz am Herzen liegt, sind auch bereit, größere Opfer zu bringen, um dieses Ziel zu erreichen. Zum Beispiel verzichten sie in hügeligen Gegenden auf das Auto und nehmen stattdessen das Fahrrad (https://doi.org/10.1016/j.paid.2021.111158) oder sie essen vegetarisch, selbst wenn sie dafür nicht direkt belohnt werden (https://doi.org/10.1016/j.jenvp.2020.101411).
Im Rahmen des Projekts „CO2-Preis“ wurden im Oktober und November 2021 insgesamt 8.166 Personen aus Berlin, Brandenburg, München und Oberbayern nach ihrer Akzeptanz für CO2-Preise gefragt. Außerdem gaben sie an, ob und wie häufig sie verschiedene Umwelt- und Klimaschutzverhaltensweisen ausführten, wie zum Beispiel mit dem Fahrrad zu pendeln oder an Umweltschutzorganisationen zu spenden (https://www.ipsy.ovgu.de/ipsy_media/persoenlichkeitspsychologie/forschung/GEB_50+%28dt+_+2012%29-p-3212.pdf). Eine Betrachtung der Zusammenhänge von CO2-Preis-Akzeptanz und anderen Selbstberichten von Klimaschutzverhaltensweisen konnte zeigen, dass es sich auch bei der Meinungsäußerung zum CO2-Preis um Klimaschutzverhalten handelt. Das heißt, dass eine Person, der Klimaschutz wichtig ist und die sich in vielen Lebensbereichen umweltschonend verhält, mit größerer Wahrscheinlichkeit auch hohe CO2-Preise akzeptiert als eine Person, der Klimaschutz nicht wichtig ist. Mit der durchschnittlichen Motivation, das Klima zu schützen, beträgt die Wahrscheinlichkeit in der Bevölkerung, einen CO2-Preis zu akzeptieren, unabhängig von seiner konkreten Ausgestaltung, lediglich 36%. Leichte Akzeptanzzugewinne lassen sich mit einem niedrigen Preis von 25€ pro Tonne erreichen (39%). Bemerkenswert ist, dass es bei einem sehr hohen CO2-Preis von 250€ pro Tonne lediglich zu leichten Akzeptanzverlusten kommt (Akzeptanz liegt dann bei 32%).
Die beliebteste Art der Einnahmeverwendung ist die Senkung der Strompreise (44% Akzeptanz in der Bevölkerung). Gefolgt wird diese Einnahmeverwendung in der Beliebtheit von Green Spending – also der Verwendung der Einnahmen für weitere Klimaschutzmaßnahmen – sowie der Pro-Kopf-Rückverteilung (auch „Klimadividende“ genannt; beide jeweils 39% Akzeptanz). Eine Rückverteilung gestaffelt nach Einkommen ist mit 36% Akzeptanz etwas unbeliebter. Die Einnahmen aus dem CO2-Preis zu verwenden, um die Sozialleistungen zu erhöhen, wird nur noch von 24% in der Bevölkerung akzeptiert.
Dennoch: Es macht einen Unterschied, ob man sagt, dass man einen CO2-Preis ablehnt, oder ob man aktiv gegen einen CO2-Preis protestiert. Obwohl die verbale Zustimmung niedrig ist, blieben bemerkenswerte Proteste gegen einen CO2-Preis bisher aus. Es ist jedoch fraglich, welche Wirkung ein Klimaschutzinstrument entfalten kann, das nicht von einer Mehrheit mitgetragen wird – zumal der aktuelle CO2-Preis zu niedrig ist, um die Klimaschutzziele zu erreichen (siehe dazu unseren Newsletter vom Oktober 2021, Abschnitt „Systemanalysen“; https://www.co2-preis.info/blog-detail-zwischenergebnisse-2021.html). Tatsächlich ist der aktuelle CO2-Preis so niedrig, dass er von einem Großteil der Menschen nicht wahrgenommen wird. So wissen nur 35% der 8.166 Personen in unserer Studie, dass in Deutschland 2021 ein CO2-Preis eingeführt wurde.
Insgesamt zeigt sich, dass die Motivation in der Bevölkerung, das Klima zu schützen, zu niedrig ist, um eine Mehrheit für CO2-Preise zu gewinnen. Egal wie hoch der Preis ist und auf welche Art die Einnahmen verwendet werden, niemals steigt die Akzeptanz über 50%. Aus diesem Grunde wäre es sinnvoll, die Einführung eines CO2-Preises an eine umfassende Kampagne zu koppeln, die Bürger*innen vermittelt, warum Klimaschutz betrieben werden muss, wie ein CO2-Preis wirkt und was sie dazu beitragen können (weiterführende Überlegungen zu zielgerichteten Informationskampagnen finden sich im Blogbeitrag vom PIK; https://www.co2-preis.info/blog-detail-ap1.html). Wenn Bürger*innen dem Klimaschutz mehr Bedeutung zuschreiben, wird dies dazu führen, dass sie auch bereit sind, ihr Verhalten zu verändern und wirksame Klimaschutzmaßnahmen mitzutragen.
Über Autor*innen und Arbeitspaket:
Als Teil des interdisziplinären Forschungsprojektes „CO2-Preis“ untersucht das Institut für Psychologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, im Arbeitspaket 2 „Regionale Unterschiede und Determinanten individueller Akzeptanz und Rebound-Neigung“ das Ausmaß der individuellen CO2-Bepreisungs-Akzeptanz und das mit einigen der CO2-Bepreisungs-Varianten verbundene Rebound-Risiko. Darüber hinaus wird untersucht, inwiefern ausgewählte Faktoren die Akzeptanz und das Rebound-Risiko beeinflussen. Zu diesen Einflussfaktoren gehören sowohl Merkmale der CO2-Bepreisungs-Varianten (Preis, Einnahmeverwendung), als auch personengebundene Merkmale wie die Einstellung zum Umweltschutz, das individuelle Wissen über die CO2-Bepreisung und die individuelle Rebound-Neigung. Die Ausprägung dieser Personenmerkmale, ihr Zusammenspiel sowie die Frage nach regionalen Unterschieden sind Forschungsgegenstand von AP 2.
Autorinnen:
Ronja Gerdes ist seit Oktober 2019 wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promotionsstudentin in der Abteilung für Sozial- und Persönlichkeitspsychologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf der Akzeptanz umweltpolitischer Maßnahmen.
Emily Bauske ist seit April 2017 Dozentin und Promotionsstudentin in der Abteilung Sozial- und Persönlichkeitspsychologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Dort liegt ihr Forschungsschwerpunkt auf der Verhaltensrelevanz von Meinungsaussagen zum Umweltschutz. Im Projekt CO2-Preis beschäftigen Ronja Gerdes und Emily Bauske sich mit der Bestimmung von CO2-Bepreisungsakzeptanz, CO2-Bepreisungswissen und Rebound-Neigung in der deutschen Bevölkerung sowie der Untersuchung von Zusammenhängen mit der Umwelteinstellung.